P04 strand_products
Das Projektziel im Forschungsschwerpunkt P04 ist die Entwicklung flächiger massiver Holzbauelemente unter Ausnutzung des gesamten Einschnittpotenzials der Holzstämme. Dieser Ansatz zu einer optimierten Nutzung ergibt sich direkt aus der Verwendung von sog. "Starkholz", welches im mitteleuropäischen Raum mittlerweile rund 20% des Holzvorrates ausmacht und immer schwieriger wirtschaftlich zu vermarkten ist. Einerseits macht der Einschnitt solche Stämme auf Grund des "Masse-Stück-Gesetzes" nur unter maximal optimierter Verwertung wirtschaftlich Sinn, andererseits weisen solche Stämme in den radialen Randzonen Holzmasse in höchster Qualität auf. Auf Grund der ausgeprägten Astigkeit sind diese Zonen daher prädestiniert für die Erzeugung von Spanprodukten zur weiteren Verwertung.
Die bisherige Anwendung von flächigen, Holzbauelementen aus dem Holzausgangsprodukt Span im Hoch- und Industriebau beschränkte sich vielfach auf die raumabschließende Funktion von Holzrahmen- bzw. Skelettbauweisen und auf die Aussteifungen von Systemen (z.B. mit dem Produkt OSB). Diese Bauweise wird als Holz-Leichtbauweise bezeichnet. Vereinigt man die raumabschließende Funktion mit bauphysikalischen Anforderungen sowie der Lastabtragung und setzt dafür flächige Holzbauprodukte ein, so gelangt man zur sogenannten Holzmassivbauweise. Diese kann entweder mit Brettsperrholzelementen (BSP) oder mit hochwertigen, in mehreren Schichten untereinander verklebten Spanwerkstoff-Platten (OSB, VSB) durchgeführt werden. Mit der derzeitigen Qualität von Spänen (OSB), die entweder als Sägenebenprodukte oder gezielt in eigenen Zerspaneranlagen erzeugt werden, kann keine genügend gleichmäßige Geometrie erreicht werden. Weiters entspricht die Oberflächenbeschaffenheit der Späne nicht den hohen mechanischen Anforderungen der Platten. Daraus ergibt sich auch der Bedarf neuer Anlagen, um die Späne bei der Herstellung exakt zu orientieren. Besonders hervorzuheben ist der Umstand, dass aufgrund der relativ exakten Geometrie der Strands Platten mit sehr guten Eigenschaften in einer Richtung herstellbar sind. Die zu erwartenden mechanischen Eigenschaften sind wesentlich besser als jene von bereits optimierten OSB Platten.
Generell gilt als wissenschaftliches Ziel, eine Ausweitung des Anwendungsspektrums von Holz und Holzwerkstoffen zu erreichen und die wesentlich höheren Eigenschaften der VSB-Produkte gegenüber OSB-Produkten aufzuzeigen. Mit den höheren mechanischen Kennwerten von VSB werden mit größeren Spannweiten und schlankeren Dimensionen neue Konstruktionssysteme möglich.
Das Projekt wird in 2 Teilen abgearbeitet:
- Teil 1: Die (mechanischen) Eigenschaften von mehrschichtigen Platten aus Holzspänen werden wesentlich durch die Eigenschaften der Einzelspäne sowie durch den Plattenaufbau bestimmt. Die unterschiedliche Größenordnung der Späne, der Einzelschicht und des fertigen Holzwerkstoffes erfordern die Berücksichtigung physikalischer Merkmale auf unterschiedlichen Längenskalen bei der Beschreibung des makroskopischen Verhaltens. Dabei ist die Auswirkung von Strandqualität, Strandorientierung, Strandform sowie Strandgröße auf das makroskopische Verhalten dieser Platten noch nicht vollständig bekannt. Mit der Hilfe von Kontinuumsmikromechanik und Laminattheorie kann ein adquates Materialmodell erstellt werden, mit welchem diese Einflüsse sowohl qualifiziert als auch quantifiziert werden können. Darauf aufbauende numerische Untersuchungen führen zu einem besseren Verständnis der Funktionsweise der Holzwerkstoffe und des Einflusses gewisser Spancharakteristika und des Plattenaufbaues auf das mechanische Verhalten der Platte. Weiters kann das entwickelte Materialmodell für Struktur- und Bauteilsimulationen eingesetzt werden. Bei der Finite Elemente Methode kann das Modell zur Bestimmung der Materialsteifigkeit am einzelnen Integrationspunkt dienen.
- Teil 2: Im zweiten Teil soll eine Anwendung für diese massiven Elemente aufgezeigt und untersucht werden. Dazu wurden Sicherheitszellen in amerikanischen Einfamilienhäuser gewählt, welche im Bedrohungsfall durch z.B. einen Tornado oder Hurrican den Bewohnern des Hauses Schutz bieten soll. Bislang wurden diese Sicherheitszellen ('Shelter') in den USA nicht vorgeschrieben, es gibt allerdings seitens der FEMA (Federal Emergency Management Agency) Empfehlungen für die Errichtung dieser Schutzbauten. Obwohl in den USA der Einfamilienwohnhausbau stark durch den Holzbau (80% Holzleichtbauweise Anteil an allen Einfamilienhäusern 2005) geprägt ist, werden diese Sicherheitszellen bislang ausnahmslos in Beton oder Stahl errichtet. Dies motiviert zum Vorschlag des Einsatzes von VSB bzw. BSP-Platten. Die hauptsächliche Bedrohung von Tornados stammt vom Einschlag von Bauteilen auf noch stehende Gebäudeteile. Darauf basierend besteht die Absicht in Kooperation mit Forschungszentren der USA so genannte "Beschusstests" auf eine 1:1-Konstruktion durchzuführen. Bei Erfüllung aller Eignungstests soll ein Zulassungsverfahren angeschlossen werden.
Die Projekt-Partner in diesem Projekt sind die Holzindustrie Preding GmbH sowie das Institut für Mechanik der Werkstoffe und Strukturen (IMWS) der TU Wien (Prof. Eberhartsteiner, K. Hofstetter).