Projekt 3.1

Axial und auf Abscheren beanspruchte Verbindungen - Auswirkungen verschiedener Einflussparameter auf das Trag- und Verformungsverhalten sowie auf die Modellbildung

Stiftförmige Verbindungsmittel im Allgemeinen und Schrauben und Stabdübel im Besonderen haben im modernen Ingenieurholzbau eine herausragende Bedeutung erlangt. Während Schrauben i. Allg. vorwiegend auf Herausziehen, werden Stabdübel vorwiegend auf Abscheren beansprucht. In Kombination mit Stahlblechen können mit beiden Verbindungstechnologien hohe Lasten abgetragen werden. Darüber hinausgehend steht mit der Verklebung eine weitere Verbindungsmittelart mit hoher Leistungsfähigkeit zur Verfügung.

Im Rahmen der Bearbeitung einzelner Themenstellungen zur Verbindungstechnik zeigte sich in der Vergangenheit, dass einzelne Themenstellungen durch die vorliegenden Richtlinien und Normen nicht oder nur unzureichend wissenschaftlich abgedeckt werden. In diesem Zusammenhang sind die Thematiken des Einflusses bei sich ändernden Holzfeuchten (insbesondere von Vollgewindeschrauben und Schraubstangen) und der Nachgiebigkeit (Verschiebungsmoduln) sowie insbesondere bei dynamischer Beanspruchung und auf Ermüdung durch Erdbeben und Wind zu nennen. Insbesondere für die letztgenannten Beanspruchungen scheint es angebracht eine verstärkte Behandlung dieses Themenbereiches vorzunehmen um den Anforderungen der Wirtschaft und der Gesellschaft zu genügen. Eine Umsetzung technisch herausfordernder Bauwerke in Holzbauweise wie Windtürmen und von Bauwerken in Erdbebengebieten etc. steht nach dzt. Wissensstand in erster Linie die Kenntnis über das Verhalten hinsichtlich Steifigkeit und Festigkeit der zur Verfügung stehenden Verbindungstechnologie im Wege. Es ist daher ein Gebot der Stunde den genannten Bereichen verstärkt Aufmerksamkeit zu widmen.

Den im ersten Absatz erstgenanten Verbindungstechnologien ist gemein, dass nicht alle in einer Verbindung eingebrachten Verbindungsmittel in der vollen Höhe der Einzeltragfähigkeit eines Verbindungsmittels wirksam sind (effektive Verbindungsmittelanzahl nef). Für die Stabdübelverbindung liegen diesbezügliche Untersuchungen vor, während dies für die Schraubenverbindungen derzeit nicht der Fall ist. Hier ist – angesichts der Entwicklungen mit sehr hohen zu übertragenden Kräften – definitiv Handlungsbedarf gegeben. Vorliegende Untersuchungen zeigten, dass nicht von einem einzigen nef ausgegangen werden kann. Vielmehr ist die Anzahl der effektiv wirksamen Anzahl an Verbindungsmitteln im Sinne eines seriellen und parallelen Systemtragverhaltens von der Bruchform – Schraubenbruch oder Bruch auf Herausziehen – sowie von der Konstruktionsform und der Lage des Bleches und der damit verbundenen Beanspruchungsrichtung abhängig (bewegt sich das Stahlblech von der Holzoberfläche weg („freie Oberfläche“) oder wird dieses bei Beanspruchung an das Holz gedrückt („gesperrte Oberfläche“)). Neben dem (üblichen) Ausziehen der Schrauben konnten – durchaus auch bei in der Baupraxis anzutreffenden Mindestabständen – auch ein sog. „Blockscheren“ beobachtet werden für welches dzt. Keine ausreichenden wissenschaftlichen Arbeiten vorliegen. Weitere interessante Themen im Zusammenhang mit der Schraubentechnologie im Holzbau betreffen Fragen der Qualitätssicherungssicherung (Wasserstoffversprödung des Schraubenmaterials, Anziehdrehmomente etc.) sowie das Verhalten bei sich verändernden Holzfeuchten. Nicht unerwähnt bleiben soll, dass der Einsatz von Holzschrauben an die Einhaltung von Mindestabständen zur Berücksichtigung des Spaltverhaltens gebunden ist. Derzeit ist dazu lediglich eine relativ umständliche und aufwändige Prüfkonfiguration bekannt. Ein verbesserter Vorschlag dazu scheint ebenso von tieferen Interesse zu sein wie der Frage nachzugehen, ob Holzschrauben unter Einhaltung von bestimmten Randbedingungen (Rohdichte, Dicke der Bauteile, Schraubenparameter) nicht auch ohne Vorbohren in Laubhölzer eingedreht werden dürfen.

Ein weiteres, bisher nur unzureichend oder in einzelnen Projekten behandeltes Gebiet betrifft den Einsatz der Verklebung zur leistungsfähigen Lastabtragung. Zu nennen sind dabei die fehlenden Erkenntnise zu grundlegenden Fragestellungen der mechanischen Berechnung zur realitätsnahen und sicheren Nachweisführung von geklebten Verklebungen mit Holz/Holzwerkstoffen sowie Holz-Stahl-Verbindungen. Weiters sind Fragen zum Einkleben von Stahlblechen bisher nicht über das Forschungsstadium hinausgekommen.

Konstruktionen aus Holz erreichen mit den modernen Formen der Verbindungstechnik mittlerweile eine beträchtliche Leistungsfähigkeit. Damit einhergehend ist eine – den heutigen Möglichkeiten entsprechende – Beobachtung des Verhaltens derartiger Konstruktionen sinnvoll und zielführend. Einerseits kann damit dem Auftreten von Schadensfällen entgegengewirkt werden, andererseits kann damit u. U. auch von einem geringeren Versagensrisiko ausgegangen werden, was wiederum – bei sorgsamer Planung der Maßnahmen – Auswirkungen auf die zu berücksichtigenden Sicherheiten im Zuge der Bemessung haben könnte. Nicht zuletzt stellt sich insbesondere mit zunehmender Nutzungsdauer auch die Frage, wie – im Rahmen des Monitoring – aufgetretene Mängel beseitigt werden können und die entsprechenden Tragwerke wieder zur planmäßige Beanspruchbarkeit ertüchtigt werden können.

Um mit Konstruktionen aus Holz gegenüber anderen Baustoffen konkurrenzfähig zu bleiben und dem wahrzunehmenden zunehmenden Facharbeitermangel hinsichtlich sachgemäßer Ausführung und Durchbildung von Verbindungen im Holzbau entgegenzuwirken besteht eine wesentliche Zielrichtung im Forschungs- und Anwendungsbereich in der Entwicklung und Etablierung von Systemverbindern für unterschiedliche Anschlußbereiche, -zonen sowie Beanspruchungsarten, aber auch der Anbindung von Holzbauteilen an andere Materialien wie Beton I Stahl I Mauerwerk. Im Besonderen bleibt aus Wirtschaftlichkeits- und Ausführungsgrunden zu vermuten, dass die Entwicklung hin zu multifunktionalen punkt- und linienförmigen Verbindern führen wird, die neben der planmäßigen Lastabtragung auch weitere Funktionen wie bauphysikalische Fragen (z. B. Luftdichtigkeit, Schallschutz, Brandverhalten) integral abzudecken haben werden.